Wilhelm Raabe
Bücherei
Erste Reihe
Band 11

Wilhelm Raabe
Bücherei

Erste Reihe:
Kleinere
Erzählungen

Elfter Band

Berlin-Grunewald
Verlagsanstalt für Litteratur und
Kunst / Hermann Klemm

Wilhelm Raabe

Höxter
und
Corvey

Erzählung

Dritte Auflage
11.-16. Tausend

Berlin-Grunewald
Verlagsanstalt für Litteratur und
Kunst / Hermann Klemm

Gedruckt bei G. Kreysing in Leipzig
Einbandzeichnung entworfen von Bernhard Lorenz
Den Einband fertigte H. Fikentscher in Leipzig

Höxter und Corvey

Erstes Kapitel.

Wir haben unsern Lesern immer gern dieTageszeit geboten, aber so schwer wie diesmalist uns das noch nie gemacht worden.In der Stadt Höxter waren die Turmuhren sämtlicherKirchen in Unordnung. St. Peter und St. Kilianzeigten falsch, St. Nikolaus schlug falsch und bei denBrüdern stand das Werk ganz still; nur auf StiftCorvey, eine Viertelstunde abwärts am Fluß, befandes sich noch in geziemlicher Ordnung und hatte sich aucheine Hand gefunden, die es darin erhielt und es zurrechten Zeit aufzog. Es schlug vier Uhr am Nachmittageauf dem Turme der Abtei.

So viel für die Tageszeit. Was die Zeit sonst anbetraf,so schrieb man den 1. Dezember im Jahre 1673:am 23. November 1873 beginnen wir unsere Erzählung;es sind also gerade ungefähr zweihundert Jahre seitjenem Wintertage vergangen. Maurer, Zimmerleute,Tischler, Schlosser, Glaser und, vor allen Dingen,Uhrmacher sind am Werke gewesen, haben die Mauernwieder aufgebaut, die Pfosten zurecht gerückt, die Türeneingehängt, neue Fenster vorgeschoben und dafür gesorgt,daß auch die Turmuhren wieder die richtige Zeitanzeigen. Es hatte viele Arbeit und große Geduld gekostet;— wehe dem, welcher von neuem frevelhaft dieHand bietet, die Wände abermals einzustoßen, dieDächer abermals abzudecken und die Türen und Fensterscheibenvon neuem zu zertrümmern. Der Gegenwartsei bemerkt, daß das Wiederaufbauen, das Auf- undEinrichten zu allem übrigen stets auch viel Geld kostet.

Es war ein winterlicher, feuchtkalter Tag. SchweresRegen- und Schneegewölk wälzte sich über den Solling.Die geschwollene, stets hastige und übereilige Weserrollte ihre erbsengelben Fluten in anscheinend völligbreiartigen Wirbeln aus den Bergen zwischen Fürstenbergund Godelheim und Meigadessen her, quirlte durchdas kahle Weidengebüsch und das welke Röhricht derUfer und ärgerte sich heftig über jeden Widerstand, derihr auf ihrem Wege aufstieß.

Solch einen Widerstand fand sie unter den Mauernder Stadt Höxter; denn da traf sie nicht nur auf dieEisbrecher, sondern auch auf die Pfeilertrümmer desuralten Völkerübergangs: die Brücke selber fand siewieder einmal, wie so häufig, nicht. Grimmi

...

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