
1922
S. Fischer / Verlag / Berlin
42. bis 51. Auflage
Alle Rechte vorbehalten, besonders das der Übersetzung
Copyright 1920 by S. Fischer, Verlag, Berlin
Einige Ordonnanzen, die die Treppe emporeilten,blieben plötzlich wie angewurzelt stehen, ein jungerordenglitzernder Hauptmann mit rosigen Wangen, eben imBegriff sich zu schneuzen, verbarg in äußerster Hast dasTaschentuch, und nur einem Drillichkittel gelang es nochim letzten Augenblick, in die Portierloge zu entkommen:oben auf der Treppe leuchtete der hellrote Mantelaufschlageines Generals.
Mit breitem Steingesicht, den Blick verborgen in dengrauen Augenhöhlen, die massige Gestalt von schwerenGedanken eingehüllt, stieg der General v. Hecht-Babenberglangsam und ohne jede Eile die breite Granittreppe zumFoyer hinab. Die Augen der angewurzelten Ordonnanzenfolgten ruckweise jedem seiner Schritte, der junge ordenglitzerndeHauptmann mit den rosigen Wangen erstarrtein seiner Verbeugung.
Der General nahm nicht die geringste Notiz von ihnen.Ganz Kälte, ganz Würde, ganz Sammlung schritt er zwischenihnen hindurch. Seine Lackstiefel blitzten, und ein feinerParfümgeruch blieb hinter ihm zurück.
In diesem Augenblick stürzte der Portier aus seiner Logeund überreichte dem General einen Brief.
„Soeben abgegeben, Euer Exzellenz!“
Zögernd trat der General unter die Bogenlampe,die aus der Decke des Foyers herabhing. Der Umschlagdes Briefes, dünn, ein ungewöhnliches, giftigesHellgrün, mißfiel, die Schrift. Er drehte den Briefmißtrauisch zwischen den Fingerspitzen. Ganz offenbarempfand er es als eine Verletzung der Achtung, dieman seinem Range schuldete, ihm einen Brief vonderart geschmackloser, ja unangenehmer Färbung zusenden. Die Stirn zuckte. Ohne Absender, eilt, persönlich—
Dann aber fuhr er entschlossen in den Pelz, unter denhellroten Aufschlag, und holte den goldenen Kneifer hervor.Eine feine Ziegelröte überzog langsam das breite Steingesicht,den Hals, der aus dem gestickten Kragen hervorquoll,das knorpelige, große Ohr — er faltete den Briefzusammen und schob ihn unwillig in die Manteltasche.
„Wer hat den Brief —?“
„Ein Herr, ein älterer Mann — soeben —“, stammelteder Portier und schwankte bestürzt auf den dünnen Beinen.
Der Portier, ein alter Mann, Veteran von 1870, allerleiMünzen und Medaillen auf der Brust, kannte seine Leute.Schon an der Art, wie Exzellenz den Brief zwischen denFingerspitzen drehte, hatte er erkannt, daß Exzellenz ungehaltenwaren. Aber dieser ältere Herr hatte solangeauf ihn eingeredet — sein einziger Sohn — eine Audienz,hm — sogar eine Zigarre — und schließlich war es ja nure