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Reise zur
deutschen Front
1915

von

Ludwig
Ganghofer

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1915


Verlag Ullstein & Co Berlin / Wien

150. bis 200. Tausend

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten.
Amerikanisches Copyright 1915 by Ullstein & Co, Berlin.

1.

12. Januar 1915.

Ich soll das Gesicht dieser großen Zeit mit eigenen Augen sehen. DieErwartung brennt in mir wie ein Höhenfeuer.

Gleich am ersten Abend der Reise, in Frankfurt, faßt mich ein starkerEindruck. Hier sieht der mächtige Bahnhof aus wie eine Festungshalle.Ein von Westen kommender Zug schüttet ein paar hundert Offiziereund Mannschaften aus. Meist sind es Leichtverwundete. Ein junger,bildhübscher Offizier, den geschienten, dick verbundenen Arm inder Schlinge, den Waffenrock umgehängt, macht sich vor dem Zug einbißchen Bewegung und raucht dazu mit Behagen seine Zigarette. EinSchwerverwundeter wird auf einem Wägelchen rasch vorübergefahren.Ich sehe ein abgezehrtes Leidensgesicht mit sehnsuchtsvollen Augen.Das Gezitter und Gewackel des Wägelchens, auf dem der Brave an mirvorbeigefahren wird, scheint ihm schwere Schmerzen zu verursachen.Ich höre sein leises, ein bißchen unwilliges »Ach!«. Dann dreht erlangsam das Gesicht auf die andere Seite und schließt die Augen. DasWägelchen verschwindet im Gewühl der Feldgrauen. Sehr viele von ihnen,Offiziere und Mannschaften, tragen das Eiserne Kreuz. Alle tragen es mitsichtlichem Stolz, jeder scheint sich still innerlich zu freuen, wennes gesehen wird und einen dankbaren Blick erweckt. Ja! Dankbar müssenwir jedem sein, der dieses Zeichen der deutschen Ehre trägt. Und daß wirder Ausgezeichneten so viele sehen, das muß uns freudig stimmen, muß unsVertrauen und Ruhe geben. Ein Heer von Helden! Wer, außer Gott, könnteuns besser schützen?

Neben den Verwundeten sind viele, die nur heimkehren, um irgendeinenmilitärischen Auftrag auszuführen. Ihr Auftreten ist ernst und würdig,ihr Schritt rasch und beschwingt. Überaus wohltuend ist die Fürsorge,die man diese Offiziere den Mannschaften erweisen sieht. Wenn da einSoldat steht, der etwas ratlos herumsieht und nicht weiß, was erbeginnen soll, ist gleich ein Offizier bei ihm und fragt: »Was istmit Ihnen, woher kommen Sie, wohin wollen Sie, haben Sie einen gutenPlatz?« Jedes Anliegen findet Hilfe. Ich sehe einen Offizier, der denArm um einen blassen, müd und schwerfällig vorwärts tappenden Soldatengeschlungen hält und den Schaffner des Schlafwagens anruft: »Haben Sienoch Platz? Der Mann muß ein Bett haben.« Die Antwort: »Alles besetzt!«Und der Offizier sagt: »Dann geben Sie dem Mann mein Bett, er mußliegen, muß schlafen können, ich komme schon irgendwo unter.« —

Früh, vor Tageserwachen, geht die Reise weiter. Ich bin der einzigeZivilist in dieser endlos scheinenden Wagenkette. Das zu wissen, istunerquicklich. Die Zeit ist so, daß man als Nicht-Soldat immer inVersuchung gerät, sich seines bürgerlichen Rockes zu schämen. Außermir und vielen hundert Soldaten ist nur noch ein junges Mädel im Zuge.Wahrhaftig, ich bin in großer Sorge um

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