Grote’sche Sammlung
von
Werken zeitgenössischer Schriftsteller
Neunter Band
Wilhelm Raabe, Die Chronik der Sperlingsgasse

Die Chronik der
Sperlingsgasse
von
Wilhelm Raabe

Neue Ausgabe

Mit Illustrationen von Ernst Bosch und einem Bildnis
des Dichters von Hanns Fechner.

155. Auflage

G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung
Berlin 1922

Alle Rechte, besonders das
der Übersetzung in fremde
Sprachen, vorbehalten.
Druck von Fischer & Wittig
in Leipzig.

Die
Chronik der Sperlingsgasse

Pro domo
Vorrede zur dritten Auflage

Wenn es gewittert, verkriechen sich die Vögel unterdem Busch. Das wäre fast als ein gutes undwarnendes Beispiel auch für dieses kleine Buch zu nehmen;es will sich aber nicht warnen lassen, und vielleicht darfes auch nicht.

Als vor zehn Jahren hinten in der Türkei die Völkeraufeinanderschlugen, da regte es zum ersten Male seineFlügel und flatterte unbesorgt aus, wie finster auch derHimmel sein mochte. Mancherlei Wechsel der Zeit erfuhres, und es wäre kein Wunder, wenn so viele fallendeTrümmer es längst mit tausend Genossen unter berghohemSchutt begraben hätten; aber es fand seinen Weg, kamzu vielen Leuten, und sie nahmen es gut auf mit allenseinen Fehlern und Wunderlichkeiten.

Wenn es aber auch nur unter einem Dach eine trübeStunde verscheucht, eine schwere Stunde sanfter gemachthätte, wie Herr Hartmann von der Aue sagt; wenn esnur ein Lächeln, nur eine Träne hervorgerufen hätte, sowäre sein Wirken und Sein nicht vergeblich gewesen.

Nun hängen wieder die Wolken drohend herab; derKrieg schlägt mit gewappneter Faust dröhnend an diePforten unseres eigenen Volkes, und es ist niemand, sohoch oder niedrig ihn das Leben gestellt habe, der sagenkann, welch ein Schicksal ihm die nächste Stunde bringenwerde. Es steht zu keiner Zeit ein Glück so fest, daß esnicht von einem Windhauch oder dem Hauch eines Kindesumgestürzt werden könnte; wieviel weniger jetzt! Insolcher Zeit ständen die Menschen am liebsten mit leeren,müßigen Händen, horchend und wartend; aber das istnicht das Rechte. Es soll niemand sein Handwerksgerät,die Waffen, mit welchen er das Leben bezwingt, in dumpferBetäubung fallen lassen. Ein Geschlecht gebe seine Arbeitan das folgende ab, und, gottlob, jener Epochen, inwelchen die Menschheit ihre Mühen ganz von neuem aufnehmenmußte, weil die Sturmflut alles vorige fortgespülthatte, sind wenige.

...

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