N. S. LĚSKOV:

NOVELLEN

AUS DEM RUSSISCHEN
von
Dr. S. MIERZINSKI.

PRAG
——— VERLAG VON J. OTTO ———
1906

Alle Rechte vorbehalten.

Buchdruckerei „Unie“ Prag

NIKOLAJ SEMENOVIČLĚSKOV.

Ein Zufall führte N. S. Lěskov der Literaturzu. Da seine Familie infolge wiederholtergroßer Feuersbrünste, die nahezu ihren gesamtenBesitz zerstörten, verarmt war, konnte erdie bereits begonnenen Universitätsstudien nichtvollenden und sah sich gezwungen, sich einenpraktischen Beruf zu erwählen. Im Auftrageseines Verwandten, des Engländers Scott, indessen Dienste er getreten war, bereiste er ingeschäftlichen Angelegenheiten Rußland undmachte auch einige Auslandsreisen. Die Reiseberichte,die er an seinen Auftraggeber richtete,gefielen dem Schriftsteller Selivanov, derzufällig von ihnen Kenntnis erhielt, derart,daß er die literarischen Kreise auf den begabtenjungen Mann aufmerksam machte.

Lěskov war nahe an die Dreißig,[1] als ineiner Petersburger Zeitschrift seine erste Arbeiterschienen, ein Schreiben, in dem er überdie unmäßig hohen Preise Klage führt, zuwelchen die Buchhändler in Kiev das damalssoeben zum erstenmale in russischer Spracheerschienene Evangelium verkaufen. Der warmeTon, in dem das Schreiben gehalten war, erregteallgemeine Aufmerksamkeit und machteden angehenden Literaten rasch bekannt. Bereitsin den ersten Sechzigerjahren erschienenzumeist in Petersburger Monatsschriften undSammelwerken die ersten novellistischen Arbeitenund Romane dieses Autors, der nebenGogol, Gončarov, Tolstoj, Dostojevskij, Pisemskij,Saltykov und Ostrovskij zu den hervorragendstenRepräsentanten des russischenSchrifttums des neunzehnten Jahrhundertszählt, wie wohl er selbst in seiner Heimatauch heute noch nicht nach Gebühr geschätztwird.

Daß diesem originellen, reichbegabten undseinen Beruf ernst auffassenden Schriftstellersolange die ihm gebührende Anerkennungversagt wurde, daran ist in erster Reihe diepolitische Gesinnung Lěskovs schuld, der, ursprünglichliberal, sich später (ebenso wie Pisemskijund Turgeněv) gegen die Auswüchseund Übertreibungen der radikalen Richtungerklärte und durch Romane, in denen er dieneuen Strömungen karrikierte („Nekuda“,„Na nožach“ und „Obojdennie“), sich den glühendenHaß der Jugend zuzog. Er wurde auchbeschuldigt, in den Diensten der Polizei zustehen und ein Verräter und Spion zu sein.Es braucht wohl nicht erst bemerkt zu werden,daß alle diese Beschuldigungen im höchstenGrade ungerecht waren und auch nicht einFünkchen Wahrheit enthielten, aber sie genügten,um Lěskov beim Publikum verhaßtzu machen. Nur nach und nach ist es demAutor, der sich in seinen tendenziösen erstenRomanen unstreitig zu Übertreibungen hattehinreißen lassen, gelungen, die Gunst einesweiten Leserkreises zu gewinnen.

Diesen Erfolg, der umso mehr bedeutet,als, wie gesagt, die gesamte öffentliche Meinunglange Zeit hindurch gegen ihn voreingenommenwar, erreichte er durch die Wahrheitsliebe,die aus allen seinen Werken sprach,durch die Original

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