Eine Erzählung
zum
Weihnachtsgeschenke
für
Kinder,
Von
dem Verfasser der Ostereyer.
Landshut, 1825.
in der Krüll’schen Buchhandlung.
An dem heiligen Abende vor demWeihnachtsfeste wanderte der arme Anton,ein holder Knabe von acht Jahren,noch durch die schneebedeckte Gegendhin. Der arme Kleine hatte seine blondenLocken, die von der Kälte angeduftetwaren, noch mit dem leichtenschwarzen Strohhute vom letzten Sommerher bedeckt, und seine beyden Wangenglühten hochroth von Frost. Erwar nach Soldatenart gekleidet undhatte eine niedliche scharlachrothe Husarenjackean. In der Rechten führteer einen dicken Stecken von Schlehdorn,und auf dem Rücken trug erein kleines Reisebündelein, in dem sichall sein Hab’ und Gut befand. Erwar aber fröhlich und guter Dinge,und hatte an der schönen weißen Winterlandschaftumher und an den bereiftenHecken und Gesträuchen am Wegeseine herzliche Freude. Indeß ging dieSonne gluthroth unter. Die angeduftetenHalme und Zweige umher flimmertenwie mit röthlichen Fünklein bestreutund die Gipfel des nahen Tannenwaldesstrahlten im Abendgolde.
Anton dachte das nächste Dorf, dasjenseits des Waldes lag, noch leicht zuerreichen, und ging muthig in den dicken,finstern Wald hinein. Er hofftein dem Dorfe gute Weihnachtsfeyertagezu bekommen; denn er hatte gehört,die Bauern dort seyen sehr vermöglicheund gutherzige Leute. Allein er warnoch keine Viertelstunde gegangen, sokam er vom rechten Wege ab, undverirrte sich in die wildeste Gegend desrauhen, bergichten Waldes. Er mußtefast beständig durch tiefen Schneewaten, und einige Male versank erbeynah in Gruben und Schluchten, dieunter dem Schnee versteckt waren. DieNacht brach ein und es erhob sich einkalter Wind. Wolken überzogen denHimmel, und verdunkelten jedes Sternlein,das durch die schwarzen Tannenästefunkelte. Es ward sehr finsterund fing aufs neue an heftig zuschneyen.
Der arme Knabe fand keine Spurmehr von einem Wege, und wußtenicht mehr wo an und wo aus. Müdevon langem Umherirren vermochte ernicht mehr weiter zu gehen. Er bliebstehen, zitterte vor Frost, und fing anschmerzlich zu weinen. Er legte seinWanderbündelein in den Schnee, knietedarneben nieder, nahm seinen Hutab, erhob seine starren Hände zumHimmel, und bethete unter heißenThränen: „Ach Du lieber Vater imHimmel! Ach laß mich doch nicht indiesem wilden Walde, in Nacht undFrost umkommen. Sieh, ich bin jaein armes Waislein, und habe keinenVater und keine Mutter mehr! Ichhabe niemand mehr als Dich. Aber Dubist ja der Vater aller armen Waisen.O laß mich nicht erfrieren; erbarmedich deines armen Kindes. Es ist jaheute die Nacht, in der dein lieberSohn zur Welt geboren wurde. UmSeiner Willen erhöre mich! Ach, laßnicht in eben der Nacht, da sich alleWelt über die Geburt des göttlichenKindes freut, mich armen Knaben hiereinsam im Walde sterben.“ Er legtesein müdes Haupt auf sein kleines Bündelein,und schluchzte und weinte bitterlich!
Aber horch — da erklang es mi