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[Transcriber's Note: There is no seventh chapter in the printedbook from which this etext was made.]

Ohne den Vater

Erzählung aus dem Kriege

von

Agnes Sapper

Erstes Kapitel.

Im gemütlichen Wohnzimmer eines Forsthauses in Ostpreußen saß einkleiner Familienkreis eng und traulich beisammen: der Förster Stegemannmit seiner noch ganz jungen, lieblichen Frau, die ihr Kindchen in denArmen hielt und versuchte, mit zärtlichen Worten und dem Spiel ihrerFinger dem kleinen Geschöpf das erste Lächeln zu entlocken. Neben ihrlehnte Gebhard, ein kräftiger, etwa zehnjähriger Junge; er sah nach demSchwesterchen, das so wohlig in der Mutter Armen ruhte, und wartetegespannt, ob es noch einmal gelänge, das Lächeln hervorzuzaubern, dasvorhin wie ein Sonnenstrahl über das Kindergesichtchen gehuscht war. Alses gelang, sah er die Mutter beglückt an und wandte sich lebhaft anseinen Vater: "Hast du es diesmal gesehen?"

Nein, er hatte es wieder nicht gesehen, weil ihm etwas anderes nochanziehender war, als das erste Lächeln seines Töchterchens. Er hatte aufMutter und Sohn gesehen. Ihn freute, daß diese beiden sich so gutverstanden. Es war noch nicht lange her, daß er diese junge Frauheimgeführt hatte, nachdem seine erste Frau, Gebhards Mutter, gestorbenwar. Eine lange Reihe stiller Jahre hatte er mit dem Knaben verlebt, deneine treue Magd schlicht und streng erzog. Innig nah standen sich Vaterund Sohn, ernst und pflichttreu war der Förster, anspruchslos der Junge.Kräftig wuchs er in der frischen Waldluft heran und machte von seinemsechsten Lebensjahr an täglich einen stundenlangen Weg, um auf einembenachbarten Gut an dem Unterricht mit den Knaben des Gutsbesitzersteilzunehmen. Auf diesem Weg begleitete ihn ein treuer Hund desFörsters, der schon immer sein Spielkamerad gewesen und jetzt seinBeschützer auf einsamen Waldwegen war.

Bei einem Besuch seiner Mutter, die in Süddeutschland lebte, hatte derFörster das fröhliche, liebevolle Mädchen kennen gelernt, das dann seinezweite Frau geworden war. Noch immer war's ihm wunderbar und erfreuteihn in tiefster Seele, daß solch ein neues Familienglück in seinemForsthaus erblüht war; und so sah er auch jetzt mit Wonne auf die jungeFrau, ohne daß diese es bemerkte, denn sie war ganz von der Kleinenhingenommen.

Jetzt stund sie auf und legte das Töchterchen sorgsam in den Korbwagen.
"So Jüngferlein," sagte sie, "nach dieser großen Leistung, nachdem du
zweimal gelächelt hast, wirst du herrlich schlafen, draußen am offenen
Fenster!" Sie fuhr sachte den Wagen in das Schlafzimmer.

Gebhard wandte sich dem Vater zu. "Es ist so nett, wenn die Mutter"Jüngferlein" sagt zu einem so kleinen Kind, hörst du das nicht auch sogern, Vater? Überhaupt ist es jetzt so eine schöne Zeit! So soll's immerbleiben, wie es jetzt ist!"

Stegemanns Gedanken wurden durch diesen Wunsch herausgerissen aus derfriedlichen Umgebung.

"Gebhard, du denkst nicht an den Krieg, sonst könntest du nicht voneiner schönen Zeit reden, die bleiben soll."

"Aber wir siegen doch, und das gibt dann die allergrößte Freude."

"Vorher werden viele Tausende von unsern deutschen Soldaten sterben!"

"Viele Tausende?" Gebhard wiederholte sinnend diese Worte und blieb eineWeile ganz nachdenklich. Dann aber trat er dicht an den Vater heran undbegann mit eifrigen Worten: "Das darf man doch nicht so traurig sagen,Vater? Die Soldaten ziehen doch gern in die Schlacht un

...

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