Lebensbild einer deutschen Frau
Von
Mit zwei Bildnissen
C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck
München 1908
[ii]C. H. Beck’sche Buchdruckerei in Nördlingen
Wer ist Frau Brater, oder wer war sie?
Warum sollen wir uns für sie interessieren? Istsie eine Künstlerin, eine Gelehrte, eine Wohltäterin fürdie Menschheit gewesen? Hat sie auf irgend einemGebiet Hervorragendes geleistet und sich in der Welteinen Namen gemacht?
Diese so berechtigten Fragen haben mir viele Bedenkenverursacht, denn sie müssen alle verneint werden.Frau Brater ist nie in die Öffentlichkeit getreten, siewar nichts weiter als eine deutsche Frau. Wer sienicht persönlich kannte, weiß nichts von ihr. Aber dasist eben der Punkt: wer sie persönlich kannte, der hatteeinen tiefen Eindruck von ihrer Eigenart, der empfingvon ihr, was er gerade bedurfte; denn sie konntevieles geben: Klarheit in schwierigen Lebensfragen,Erheiterung in bedrückter Stimmung, Aufrüttelung derEnergielosigkeit, Wahrheit im Scheinwesen, Hinweisungzum Göttlichen.
Sollten von diesen vielseitigen Wirkungen nichtauch jetzt noch welche ausgehen, wenn wir im Geistmit dieser Frau verkehren? Gewiß, wenn es gelingen[iv]würde, ihr Leben und Wesen recht lebendig zu schildern,so müßten wir in dieser Darstellung etwas von demReiz empfinden, den ihr persönlicher Umgang gewährte.
Das ist der Gedanke, der mich trieb, ihr Lebensbildzu zeichnen. Und mit ihrem Bild zugleich wirdein anderes auftauchen, das Karl Braters, des edlenVorkämpfers für die deutsche Einheit, von dem ProfessorRobert Piloty in einer eben erschienenen Schriftsagt: »Offenen und ehrlichen Kampf für Staat, Rechtund Freiheit hat er zeitlebens geführt, sein Andenkenwird stets verbunden sein mit den Erinnerungen anBayerns schwerste Zeiten, in denen er mit energischemWillen und klarem Verstand auf der Seite der gutenSache beharrte und kämpfte.«
Wenn meine Feder nicht zu ungeschickt ist zuschildern, was mich selbst, während es an meinem Geistvorüberzog, tief bewegte, so könnte sich durch diesesBuch das Wort bewahrheiten, das nach Frau BratersTod über sie gesprochen wurde: »An solchen geisteskräftigenPersönlichkeiten erhält das sittliche Strebenneuen Schwung und Antrieb, sie wirken nach, auchwenn sie längst nicht mehr in unserer Mitte sind.«
Würzburg, im Sommer 1908.
Die Verfasserin.
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