META

EINE ERZÄHLUNG
VON
CARL STERNHEIM

ERSTES ZEHNTAUSEND


LEIPZIG
KURT WOLFF VERLAG
1916

Sechsundzwanzigster Band der Bücherei
»Der jüngste Tag«.

COPYRIGHT 1916 BY KURT WOLFF VERLAG • LEIPZIG
GEDRUCKT BEI E. HABERLAND IN LEIPZIG-R.

META war ein dienender Geist, geboren imgleichen Städtchen, in dem sie bei bürgerlicherHerrschaft Stellung hatte. SiebenzehnJahr alt, schien sie klein, fest und hatte zu mittlerenFormen den vollen Busen der Frau, auf den sie stolzwar, den sie herausstrich und mit Brosche und Blumegarnierte. Ihr Haar, das aufgelöst mit blonder Welleins Knie hing, wusch sie mit Branntwein und Kamille.Der dünne Sopran sang Volks- und Kirchenlied; warmwie ein Öfchen war die ganze Person.

Sprang sie morgens aus den Kissen in die Kammer,verschlug ihres Körpers Hitze gleich des NordzimmersKühle angenehm. Bei jeder Bewegung, warf sie dieArme ins Waschbecken, fuhr mit dem Bein in Hose undRock, hob es zum Schuhknöpfen auf den Stuhl, ging einmolliger Hauch in die Atmosphäre, und alle Umgebungwar immer behaglich für sie angewärmt.

So fand sie, von Frost und Schauern nie zur Eilegetrieben, Zeit, sich beim Anziehen im Spiegel reichlichzu sehen, unter das Haar, in den Rachen zu spähen unddie Zähne tüchtig zu bürsten. Mit billigen Pasten salbtesie die Haut.

Da sie aber ihrer Arbeit gewissenhaft hingegebenwar, blieben die Hände, die in Soda und Lauge tagsüberschwollen, Risse und Borken bekamen, ihre ständigeSorge. Unter dem Zeug war sie blank wie Porzellan,aus den Ärmeln aber schauten breit und blaudie Flossen.

Kleider von glattem Tuch standen ihr zum Entzücken,beim Schaffen schien die Schürze darüber angegossen.Stand sie hoch und auf Leitern, sah man die Säume derWäsche weiß, und aus fester Wolle schwarze Strümpfe.In der Bewegung spielten die Glieder rund und imRhythmus.

Der Herr, erwischte er sie in einer Ecke, patschte ihrleutselig aufs Hinterteil. Sie lächelte und nahm’s alsHerzensbeifall. Schon hundertmal hatte er sie getätschelt,und es sprang aus ihr kein Flämmchen. Nochwar sie niedlich nur für sich selbst, und Blicke der Männermachten sie nur in der Selbstschätzung sicher. ImSommer schwitzte sie, im Winter wünschte sie’s zu tun.Der Frühling sagte ihr Besonderes. Da wurde ihr Tungemessen. Sie verhielt sich, den Kräften, die sie spannten,begegnend. Sie flog ein wenig von innen heraus,und ihre wie zum Gebet gefalteten Hände drückten diebewegte Brust, das drängende Leibchen nieder.

Im Spiegel sah sie sich ins Auge und fand alles weitund blau. Ein großer Reiz stellte ihr das Gefieder derHaut auf; sie schnurrte. Oft fiel sie verloren in denSitz und staunte. Befühlte Gegenstände und sich selbstund mußte, Tränen im Blick, den zierlichen Kopf schütteln.Abends aber im Bett, dem geöffneten Fen

...

BU KİTABI OKUMAK İÇİN ÜYE OLUN VEYA GİRİŞ YAPIN!


Sitemize Üyelik ÜCRETSİZDİR!