von
Dr. Freiherrn Ernst von Bibra.
Zweiter Band.
Mannheim.
Verlag von Bassermann & Mathy.
1854.
Seite | ||
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VIII. | Die Cordillera (Chile) | 1 |
IX. | Valdivia (Chile) | 61 |
X. | Letzter Aufenthalt in Valparaiso (Chile) | 113 |
XI. | Die Fahrt nach der Algodonbai (Bolivia) | 145 |
XII. | Die Algodon-Bai (Bolivien) | 161 |
XIII. | Callao-Lima (Peru) | 261 |
XIV. | Von Peru nach Europa | 301 |
XV. | Meteorologische Beobachtungen | 345 |
Man trägt sich in Chile mit vielfachen Gerüchtenüber die Gefahren, welche mit Reisen in der Cordilleraverknüpft sind, und in der That ist ein solches Unternehmenauch nicht ohne alle Gefahr. Abgesehen vonden halsbrechenden Wegen, und von – obgleich selten –streifenden indianischen Räubern, kann selbst auf demWege von Santjago nach Mendoza, welches die gewöhnlicheStraße ist, ein plötzlicher Schneefall Bedenklicheshervorrufen.
Ein deutscher Kaufmann, mit welchem ich häufigin der Fonda inglesa zusammentraf, ersuchte mich, alsich ihm meinen Entschluß mittheilte in die Cordillera zugehen, höchst artig, im Falle ich seine große Zehe fände,welche er dort zurückgelassen, ihm dieselbe zu überbringen.Ich erfuhr, daß er mit einem Zuge von waarentragendenMaulthieren von Mendoza nach Santjago reisend, plötzlichvon heftigem Schneefalle überrascht, Weg und Steg verlorenund in Schluchten gerathen sei, aus welchen diekundigsten Führer, welche ihn begleiteten, keinen Auswegmehr gewußt. Ein Theil der Thiere war bereits ausMangel an Futter gefallen. Er selbst hatte in tiefemSchnee und heftiger Kälte sich die Füße und Hände erfroren, da nirgends Feuerung zu finden; da auch für dieMenschen kein Mundvorrath mehr vorhanden, und Allebereits der tiefsten Entmuthigung erlagen, so hatte man sichzum Sterben bereit gemacht und erwartete, in die Satteldeckengewickelt, den Tod. Da fand einer der Knechte ineiner Satteltasche eine Flasche Portwein und einige KrumenMaisbrod. Man vertheilte dieses unter die sechs Männerder Gesellschaft und wurde durch den Genuß des Weinsso belebt und aufgeregt, daß man beschloß, auf Tod undLeben einen letzten Versuch zu machen. Man bestiegdie Pferde, welche noc