Sammlung abenteuerlicher Geschichten Band 3:

Schwitzky / Das Geheimnis der Gioconda

Das
Geheimnis der Gioconda


Das Tagebuch des Diebes
Herausgegeben von
Ernst B. Schwitzky

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Delphin-Verlag / München

Copyright 1914 by Delphin-Verlag / München

Vorwort

Die Papiere, die hier veröffentlicht werden,sind auf eine so eigentümliche Weise in meinenBesitz gelangt, daß ich mich veranlaßtsehe, darüber Rechenschaft abzulegen. Ichlernte zu Anfang des vergangenen Sommers,also etwa dreiviertel Jahre nach dem Verschwindender Gioconda aus dem Louvre, ineinem Kopenhagener Hotel einen Herrn kennen,der sich mir unter dem japanisch klingendenNamen DACO-NOGI vorstellte. Dieser Herr,den ich, wie die Dinge nun einmal liegen,für den Autor des hier veröffentlichten Tagebuchshalten muß, besaß, ohne von mir irgendwiedazu aufgefordert worden zu sein, diegroße Liebenswürdigkeit, während meines Aufenthaltsin Kopenhagen mein Fremdenführerzu sein und sich meiner in jeder erdenklichenWeise anzunehmen. Er schien ein ganz besonderesVergnügen daran zu finden, mir diemannigfaltigen Schönheiten Kopenhagens, daser außerordentlich liebte, zu zeigen und wennich in der kurzen Zeit von etwa zehn Tagen,so ziemlich alles gesehen habe, was KopenhagenSehenswertes besitzt, so verdanke ichdas lediglich meinem Führer und seiner ofterstaunlichen Ortskenntnis. Er war selbstkein Däne, sondern nach der Klangfarbe seinerSprache zu urteilen ein Deutscher, aus denrhein-mainischen Gegenden. Aus den Gesprächenging hervor, daß er seit Jahren aufReisen war, China, Japan, die VereinigtenStaaten, Südamerika, Indien genau kannteund sich sowohl in den Küstenländern, wieim Innern Afrikas längere Zeit aufgehaltenhatte. Niemals jedoch konnte ich erfahren,zu welchem Zweck diese Reisen unternommenworden waren, und obgleich Herr DACO-NOGIso gar nicht das Aussehen eines Globetrottershatte, sah ich mich zuletzt doch gezwungen,anzunehmen, daß er lediglich zuseinem Vergnügen gereist war. Übrigenssprach er außerordentlich selten von sich. Dagegenfiel es mir bald auf, wie intensiv ihndas Leben anderer beschäftigte, gleichviel, obes das eines Kohlenträgers war, von demwir im Vorübergehen zwei oder drei Worteaufgefangen hatten, oder das eines Ministers,dessen Rede uns durch die Zeitungen bekanntwurde. Es wird von Balzac erzählt, daßer oft in der Lebhaftigkeit seiner Phantasievon den Gestalten seiner Einbildung wie vonlebenden Personen sprach und seine Freundedadurch in Erstaunen setzte, daß er ihnen vonden Schicksalen der Eugenie Graudet und desVater Goriot erzählte, als handle es sich umMenschen, die jeden Augenblick selbst eintretenund sprechen könnten. In ähnlicher Weiseüberraschte mich oft Herr DACO-NOGI,wenn er plötzlich ohne jeden erkennbaren Anlaßaus dem Leben von Personen erzählte, vondenen er weder wußte, was sie waren, noch wiesie hießen. Wie intensiv und außerordentlichdiese Beschäftigung

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